Seit 1982 leistet der österreichische Tierrechtsverein RespekTiere.at Tierschutzarbeit in Österreich, Deutschland und anderen Ländern. Im Wesentlichen tritt er für die Rechte sogenannter Nutztiere ein, hat seine Arbeit aber im Laufe der Jahre auf den Schutz von Straßenkatzen und -hunden ausgeweitet. Der Vereinsvorsitzende Thomas Putzgruber gewährt in einem Interview mit Katzen-Liebe einen Blick hinter die Kulissen.
RespekTiere.at im exklusiven Interview
Katzen-Liebe: Aus welchen Gründen ist RespekTiere.at dazu übergegangen, sich auch für Katzen und Hunde von der Straße zu engagieren?
RespekTiere: Anfangs aus einem sehr trivialen Grund. Um unser Budget zu vergrößern, hatten wir begonnen, mehrmals jährlich Tierschutz-Flohmärkte durchzuführen. Weil dort immer eine Menge an Waren übriggeblieben ist, weiteten wir unser „Programm“ aus – zuerst auf die vierbeinigen Begleiter von Obdachlosen und sozial Benachteiligten, indem wir Salzburgs erste Tiertafel gründeten. Dann folgten „Gratis-Flohmärkte“ für die Menschen selbst, später erste Hilfsfahrten nach Osteuropa.
Diese Einsätze wurden ständig mehr und wir fingen an, die Situation zu überblicken. Dann konnten wir bald nicht mehr anders: Es ist uns ohnehin immer ein Rätsel gewesen, warum Tierrechtsorganisationen praktisch nie für die Straßentiere eintreten. „Hunderl- und Katzerltierschutz“ wird dies oft genannt und der Ausdruck ist nicht nett gemeint. Wären es keine Hunde oder Katzen, sondern Kälber oder Schafe, die zu Millionen bitterste Not leiden, wäre der Aufschrei ein riesengroßer!
Katzen-Liebe: Hat RespekTiere.at ein Leitbild, das in allen Projekten zum Tragen kommt?
RespekTiere: Natürlich! Unser Motto lautet „Bis auch der letzte Käfig geöffnet ist“. Und danach richten wir uns. In erster Linie meinen wir die sogenannten „Nutztiere“, für die wir Recherchen veröffentlichen, Fotoausstellungen machen und spektakuläre Proteste durchführen. Es gibt aber noch einen zweiten Leitsatz: „Tierschutz ist bestenfalls auch Menschenhilfe“. Den versuchen wir bei unseren vielen, vielen Auslands-Hilfsfahrten bestmöglich umzusetzen. Dabei nehmen wir neben den jeweils rund 600 Kilogramm Tiernahrung immer hunderte Kilos an Waren für Hilfsbedürftige mit.
Zum einen ist es uns ein Anliegen, bedürftigen Menschen zu helfen. Zum anderen: Oft übergeben wir Kleidung, Waren des täglichen Bedarfs, Grundnahrungsmittel oder Werkzeuge auch an unsere Tierschutzkollegen in diesen Ländern, damit die sie weiter verteilen. Ein solches Vorgehen erleichtert deren Aufgaben immens. Sie operieren ja in erster Linie in den ärmsten Gegenden, wo es den Tieren am allerschlechtesten geht. Der Stand der Tierschützenden ist in Osteuropa leider immer noch kein hoher. Oft werden sie, weil sie sich unentwegt für Tiere einsetzen und in dem Bestreben ihr viel zu wenig vorhandenes Geld ausgeben, von der Gesellschaft genau deswegen abgelehnt, ausgelacht und gemobbt. Die Weitergabe von Gütern erleichtert den Umgang mit ihren Landsleuten immens. Plötzlich sind sie gern gesehen und bekommen auch die nötige Unterstützung bei Kastrationen von streunenden Hunden oder Katzen. Eine Win-Win-Situation für alle.
Katzen-Liebe: In welchen Ländern, in denen Respektiere.at aktiv ist, bedarf es noch viel Aufklärung in Sachen Tierschutz? Welche Gründe gibt es dafür?
RespekTiere: Eigentlich in sämtlichen. Während in einigen, wie etwa Ungarn oder der Slowakei, die allgemeine Situation vielleicht ein bisschen besser ist und die schlimmen Vergehen vor allem in den Grenzgebieten zu deren östlichen Nachbarn passieren, gibt es in anderen noch immer ein generelles Tierschutzproblem. In Serbien etwa. Dort muss noch ganz viel Arbeit geschehen. Oder in Bulgarien, wo die Situation ebenfalls erschütternd ist. Rumänien wiederum liegt in der Mitte. Während sich in bestimmen Regionen, zum Beispiel rund um Temeswar, ein Lichtstreifen auftut, stehen in den östlichen und südlichen Landesteilen teilweise noch immer haarsträubende Verbrechen an der Tierseele auf der Tagesordnung.
Je ärmer die Bevölkerung, desto niedriger die Tierschutzstandards. Oder: Wenn man die eigenen Kinder kaum satt kriegt, dann bleibt wenig Zeit, sich um andere zu kümmern, auch nicht um Mitmenschen. Armut darf trotzdem niemals eine Rechtfertigung für Tierquälerei sein, nur ein Versuch der Erklärung.
2022 waren wir viermal für die Ukraine im Einsatz. Beim ersten Mal sind wir zur Grenze gefahren und haben die Spendengüter zur Weiterfahrt abgeliefert. Die weiteren drei Male sind wir direkt ins Land gefahren, weil nur bei einer Grenzüberquerung sichergestellt ist, dass die Waren genau dort ankommen, wo man sie haben möchte.
Katzen-Liebe: Hat RespekTiere.at beim Auslandstierschutz Kooperationspartner vor Ort?
RespekTiere: Natürlich! Wir arbeiten überall mit lokalen Tierschutzvereinen zusammen. Besonders hervorheben möchten wir die Tierschützenden in Bulgarien, die unfassbar gute Arbeit leisten. Auch in Slowenien, Rumänien, Ungarn oder überall sonst gibt es ganz hervorragende Tierschützende, die alles in ihrer Macht unternehmen, um das Schicksal der Tiere zu ändern und zu verbessern.
Katzen-Liebe: Was ist die größte Herausforderung bei Kastrationsaktionen für Hunde und Katzen in Südosteuropa?
RespekTiere: Die Nachhaltigkeit. Startet man ein Kastrationsprojekt, dann ist es nur sinnvoll, wenn es regelmäßig über Jahre hinweg stattfindet. Setzt man nur ein Jahr aus, ist die Situation schnell wieder die gleiche wie zu Beginn der Kampagne.
Elementar ist auch die Verwendung bester Materialen. Diesbezüglich muss man den Tierärzten vertrauen können. Manchmal hört man zum Beispiel davon, dass sie schlechtes Nahtmaterial verwenden, weil es billiger ist und damit ihr Verdienst bei der Abrechnung erhöht wird. Deshalb nehmen wir nur Tierärzte, die den Tierschützenden vor Ort bekannt sind oder selbst aus dem Tierschutz kommen. Ganz wichtig ist auch, dafür zu sorgen, dass sich operierte Hunde und Katzen ausreichend erholen können und sichergestellt wird, dass die Wunde verheilt und sich nicht entzündet.
Wir unterstützen aber auch Kastrationskampagnen unserer Mitstreiter, bei denen wir nicht immer selbst vor Ort sind. Vor allem Projekte von Gruppen, die eigene Tierasyle oder Gnadenhöfe wie in Bulgarien führen. Der dortige ist ein ganz besonderer. Es handelt sich um einen reinen Katzenhof, wo sich eine ehemalige Lehrerin um die Stubentiger kümmert. Zwischen 60 und 100 Katzen umsorgt und füttert sie. Dazu gehören natürlich auch Kastrationen.
Die Katzen leben völlig frei. Rund um das Haus, im Garten und in geschützten Wohnbereichen. Sie können kommen und gehen, wann immer sie wollen. Für diesen Gnadenhof suchen wir übrigens immer Katzenpaten, die pro Monat 7,50 Euro spenden und dafür eine Urkunde ihres Schützlings erhalten. Mit diesem Geld unterstützen wir die Betreiberin monatlich mit einer Fixüberweisung. Anders wäre es der armen Frau gar nicht möglich, den „Betrieb“ aufrecht zu erhalten. Trotz ihrer durchgängigen Berufslaufbahn erhält sie vom bulgarischen Staat eine beschämende Pension von gerade mal 100 Euro im Monat.
Katzen-Liebe: Vermittelt RespekTiere.at Katzen? Wenn ja, welche Grundsätze gelten bei der Vermittlung?
RespekTiere: Wir haben früher viele Katzen vermittelt. Heute passiert das seltener und wenn, dann nur über befreundete Tierheime und Gnadenhöfe in Österreich und Deutschland. Warum? Weil wir als reiner Tierrechtsverein kein eigenes Tierheim haben. Und bei Vermittlungen kommt es leider oft vor, dass die Menschen es sich plötzlich anders überlegen und die Tiere wieder zurückbringen. Wir waren in solchen Fällen immer vor große Probleme gestellt, weil uns der Platz fehlt. Anders liegt der Fall, wenn uns kranke oder verletzte Katzen und Hunde auf den Hilfsfahrten begegnen. Die nehmen wir natürlich mit und setzen alles daran, für sie ein Zuhause zu finden.
Katzen-Liebe: Was sind für RespekTiere.at die bisher größten Erfolge beim Katzenschutz und beim Tierschutz im Allgemeinen?
RespekTiere: Beim Katzenschutz sind wir sehr stolz darauf, verschiedene Plätze im Ausland unterstützen zu dürfen. Die Weiterführung des besagten Gnadenhofes in Bulgarien ist ein ganz besonderer Erfolg. Auch ein Katzenasyl in der Slowakei ist fast zu 100 Prozent auf unsere Hilfe angewiesen. Seit fast 15 Jahren fahren wir dort regelmäßig hin, bezahlen Heizmaterial im Winter, Kastrationen, ab und zu auch den Strom und führen immer wieder Renovierungsarbeiten am Gelände durch. Das Heim hätte schon mehrmals geschlossen werden sollen, doch wir sind auf die Barrikaden gestiegen.
Sogar im Parlament haben wir schon Fürsprache gehalten und bei mehreren TV-Interviews in der Slowakei auf die Situation aufmerksam gemacht. Auch in Kroatien helfen wir. Dort werden viele Streunerkatzen im Sommer von den Touristen versorgt, im Winter jedoch sieht die Situation sehr trist aus. Also bringen wir am Ende des Sommers zu Tierschützern vor Ort Katzenfutter als Vorrat für die Winterfütterung.
In anderen Bereichen haben wir auch schon einiges geschafft, zum Beispiel ein Lebendhummer-Verkaufsverbot bei Großhändlern. Am neuen Tierschutzgesetz in Österreich haben wir mitgewirkt. In Folge wurden etwa ein Wildtierverbot in Zirkussen und ein Legebatterienverbot bei Hühnern ausgesprochen. Durch unsere Recherchen wurden schon einige Ställe im Nutztierbereich geschlossen. andere mussten umbauen, womit wesentlich mehr Tierwohl entstanden ist.
Außerdem haben wir ein Projekt für die Arbeitsesel im westafrikanischen Mauretanien initiiert. Mithilfe der mobilen RespekTiere-Klinik versorgen wir monatlich 1.200 Esel medizinisch. In Rumänien konnte ein schreckliches staatliches Tierheim durch unsere Initiative geschlossen werden. In Bulgarien beendeten wir den grausamen Brauch des „Hundedrehens“, erhielten den Österreichischen Tierschutzpreis und bauten ein Katzenhaus in Bosnien-Herzegowina.
RespekTiere.at half mit, den Tierschutz in Österreich auf den Verfassungsrang zu heben. Für unsere Katzen- und Hundekastrationsprojekte bekamen wir das Stadtwappen von Bresnik in Bulgarien überreicht. Wir gründeten die Initiativen respekTIERE IN NOT, respekTIERE DEINE UMWELT, RespekTaube (wo wir ein Taubenhaus führen) und Salzburgs erste Tiertafel.
Zusätzlich riefen wir einen deutschen Ableger von RespekTiere ins Leben, RespekTiere-International. Wir bauten einen RespekTiere-Naturlehrpfad in Niederösterreich, unterbanden beispielsweise die „Hornanbindung“ von Kühen vollständig und erreichten 2023 ein Verbot des Bettelns mit Tieren in Salzburg. Neben alledem haben wir schon mehrere Tierrechtsbücher veröffentlicht.
Katzen-Liebe: RespekTiere.at ist auf Spenden angewiesen. Wie können Tierfreunde helfen?
RespekTiere: Bei so vielen Projekten benötigen wir stetig finanzielle Hilfe. Deshalb bitten wir die Menschen von ganzem Herzen, uns zu helfen! Die Tiere brauchen uns und wir brauchen sie.
Auch Sachspenden sind ein großes Thema. Zum Beispiel Tiernahrung, wovon wir jedes Jahr Tonnen zu den Einsatzorten bringen. Für die Flohmärkte benötigen wir verschiedenste Waren, für die Hilfsfahrten ebenfalls. Für unser Obdachlosenprojekt sind Schlafsäcke, Campingutensilien und Hygieneartikel wie Seife, Zahnpaste oder Duschgel sehr gefragt.
Eine große Hilfe ist es auch, eingeladen zu werden, um einen Infostand aufzustellen oder eine Fotoausstellung abzuhalten. Gerne versenden wir auch Infomaterial zum Verteilen.
Außerdem freuen wir uns über Spenden für die Katzen auf dem Gnadenhof, für ein Kastrationsprojekt, für die Esel in Mauretanien, für die wir in Massen Halfter und Wundauflagen vor Ort anfertigen. Die Esel werden mit einem Schlagstock angetrieben. Verwendet der Tierhalter aber Halfter, hat er keine Hand für den Schlagstock frei! Sobald wir eine Spende erhalten, stellen wir eine Urkunde für die Beschenkten aus. Es gibt so viele Möglichkeiten der Unterstützung!
Spenden für RespekTiere
Möchtest du die zahlreichen Tierschutzprojekte von RespekTiere.at mit einer Geld- oder Sachspende unterstützen? Auf der Website des Vereins findest du die Spendenkonten in Österreich und Deutschland. Verlinkt sind dort ebenfalls Spendenformulare, auf denen du entscheiden kannst, welchem Projekt die Spende zugute kommen soll. Selbstverständlich ist es auch möglich, RespekTiere.at in einem regelmäßigen Rhythmus unter die Arme zu greifen. (as)
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