Der US-amerikanische Tierschutzverein Kotor Kitties organisiert Sterilisationen und Kastrationen für Straßenkatzen in Montenegro. Wo auch immer man sich an der Küste des Balkan-Staats aufhält, überall wird man von herrenlosen Katzen umringt. Mein Montenegro-Aufenthalt beginnt im November 2022 in Budva. Kaum bin ich angekommen, besucht mich in meiner Wohnung jeden Tag eine blauäugige Katze, die ich Laila nenne. Die pastellfarbene Schönheit möchte vielmehr in meinem Bett schlafen als gefüttert werden, während ich draußen mit einer Großpackung Trockenfutter von Katze zu Katze spaziere.
Ich treffe Katzenkinder, die sich in meinen Hosenbeinen festkrallen und auf meine Schultern klettern. Kaum sitze ich auf Bänken, nehmen auf meinem Schoß Katzen Platz. Nicht nur eine, sondern häufig vier oder fünf. Das passiert mir in Budva, Herceg Novi und schließlich in Kotor. Nach kurzer Zeit kennen sie mich und stupsen mich zur Begrüßung mit ihren Nasen an. Anschließend schmiegen sie sich an mich und ihre Artgenossen, schlafen ein und sorgen mit ihrem friedlichen Schnurren dafür, dass ich manchmal eine oder zwei Stunden bleibe.
Wenn ich nach einem Monat mein Quartier verlasse und weiterreise, zerreißt es mir das Herz. Mir ist bewusst, dass meine Fütterungsaktionen in Montenegro nur ein Tropfen auf den heißen Stein sind. Außerdem kann ich keine Katze mitnehmen, und welche sollte ich wählen? Im Endeffekt würde wohl ein Schloss kaum ausreichen, um alle zu retten. Die Trauer, die ich beim Abschied von der grauen Katze Grisabella auf Fuerteventura empfunden habe, überfällt mich in Wiederholungsschleife.
Auf der Suche nach einem Hilfsprojekt für Katzen in Montenegro entdecke ich Kotor Kitties. Dieser Tierschutzverein hat sich die Eindämmung der Katzenpopulation auf die Fahnen geschrieben. Denn obwohl ich viele Montenegriner als tierlieb und herzlich wahrnehme, sind Sterilisationen und Kastrationen von Haustieren noch nicht in das allgemeine Bewusstsein vorgedrungen.
Die Geschichte von Kotor Kitties
Diese Erfahrung macht auch April Lynn King aus Seattle, als eines Morgens in Kotor ein vom Gewitter durchnässter Kater auf der Veranda ihrer Ferienwohnung kauert. Luka, wie sie ihn nennt, ist ausgehungert, voller Flöhe und am ganzen Körper mit Narben und Wunden übersät.
Zum Zeitpunkt dieser Begegnung schreiben wir das Jahr 2018: April und ihre Freunde beschließen, sich in der Altstadt von Kotor nach Sterilisations- und Kastrationsprojekten für streunende Katzen in Montenegro zu erkundigen. Zahlreiche Geschäfte im UNESCO-Weltkulturerbe sammeln bereits Geld für Katzenfutter, doch am Ende ihres Streifzugs hat sie die Gewissheit: Die Menschen haben noch nie von Sterilisationen und Kastrationen gehört. Das Projekt, das April sucht, gibt es in Montenegro bislang nicht.
Nur im Souvenir-Shop von Danijela trifft sie auf Verständnis – und auf eine große Katzenschar mit Jungen. Die Ladenbesitzerin, die schon auf eigene Faust Katzen sterilisieren und kastrieren lassen hat, leiht für Kater Luka sogar ihre Transportbox aus.
Es gibt jedoch ein Problem: Die amerikanischen Katzenfreunde sind nur zwei Tage in der Stadt. Glücklicherweise finden sie in ihrer Vermieterin eine Verbündete, die bereit ist, Luka tierärztlich versorgen und kastrieren zu lassen. Die Schwester der Airbnb-Gastgeberin reist extra aus Montenegros Hauptstadt Podgorica an, denn beide Frauen machen sich intensive Gedanken um die Katzen im Land. Sie haben sich sogar schon an die Behörden gewandt – weitgehend ohne Erfolg.
April ahnt noch nicht, dass hier die Geschichte von Kotor Kitties ihren Anfang findet. Der Tierarzt der Schwester aus Podgorica, Dr. Relja Četković, ist bereit, die Sterilisationen und Kastrationen der Straßenkatzen zu vergünstigten Preisen durchzuführen. Außerdem leistet er Aufklärungsarbeit unter seinen Kollegen in Tierkliniken und Tierarztpraxen, um die Regulierung der Katzenpopulation landesweit auszudehnen.
Bereits Ende 2018 sind 39 Katzen sterilisiert bzw. kastriert und die Tierärztin Dr. Marija Georgieva aus Podgorica schließt sich Kotor Kitties an. Im Januar 2019 veranstaltet der Verein in Kotor einen sogenannten „Spay Day“, an dem Relja mit seinem Kollegen Dr. Nebojša Gorašević binnen zwei Tagen 57 Katzen operiert.
Bis heute ist diese Zahl auf über 7.800 Tiere angestiegen (Stand: 25. Januar 2023). Zu den amerikanischen und montenegrinischen Gründungsmitgliedern von Kotor Kitties haben sich mehrere freiwillige Helfer gesellt, darunter Briten, Russen, Montenegriner und Amerikaner. Alle sind via Facebook auf den Verein aufmerksam geworden, weil die Misere der Straßenkatzen sie im Urlaub erschüttert hatte.
Woran erkennt man operierte Katzen?
Auf Nachfrage von Katzen-Liebe, woran man sterilisierte und kastrierte Katzen erkenne, erklärt April, dass die Tierärzte unmittelbar nach den Operationen ein winziges Stück der Ohren kupieren. Bei Kätzinnen das rechte, bei Katern das linke Ohr. Wenn man mit diesem Wissen Straßenkatzen in Montenegro begegnet, wird offensichtlich, dass bereits viele Tiere nicht mehr fortpflanzungsfähig sind.
Darüber hinaus hat Kotor Kitties die Tierärzte im Team veranlasst, die operierten Katzen am Unterleib mit einer kleinen Tätowierung zu kennzeichnen. Eigentlich verbietet das montenegrinische Gesetz das Kupieren von Ohren, das bei bestimmten Hunderassen wie Boxer, Schnauzer oder Dobermann praktiziert wurde. April ist jedoch der Ansicht, dass bei den Katzen eine Ausnahme gemacht werden müsse, damit sie kein zweites Mal unter dem Messer landen.
Wo betreibt Kotor Kitties Katzenhilfe?
Obwohl der Name des Tierschutzvereins zu Schlussfolgerungen verleitet, ist das Katzenhilfsprojekt nicht auf die Stadt Kotor beschränkt. Kotor Kitties kooperiert mit Tierärzten in vier Gemeinden. Der Verein ist bestrebt, neben dem Sterilisations- und Kastrationsprojekt auch die medizinische Versorgung der Montenegro Katzen sicherzustellen.
Falls notwendig, entfernen die Tierärzte eingewachsene Krallen oder faule Zähne, damit sich die Tiere bequem bewegen und schmerzfrei fressen können. Sie behandeln Straßenkatzen gegen Ohrmilben und amputieren verstümmelte Schwänze, die nicht mehr zu retten sind. Für die Zukunft ist geplant, auch Impfungen und Anti-Parasiten-Behandlungen zu realisieren, sobald die Spendenlage es zulässt.
Schlimme Zustände in Budva
Besorgt zeigt sich April über die Situation in Budva. Es gebe dort Menschen, die herrenlose Katzen und Hunde ermorden, obwohl sie bereits sterilisiert und kastriert seien. „Viele Katzen am Strand sind zutraulich, weil Touristen sie füttern. Das macht sie leichter zu Opfern von Angriffen“, berichtet die Vereinsgründerin.
Schlechte Erfahrungen habe Kotor Kitties auch mit der Tierklinik in Budva gemacht. April erzählt: „Sie behaupteten, dass sie kein Training für Operationen mit kleinen Schnitten und resorbierbaren Nähten benötigten. Also haben wir einen Einmonatsvertrag mit der Klinik unterschrieben. Am Ende des Monats mussten wir leider feststellen, dass es sich um große Schnitte handelte und nach sieben bis zehn Tagen die Fäden gezogen werden mussten. Das ist für wilde Katzen einfach nicht akzeptabel.“
Kotor Kitties habe daraufhin die Zusammenarbeit mit der Tierklinik beendet, so dass jetzt alle Katzen aus Budva zum Tierarzt nach Kotor transportiert werden müssen – eine über 20 Kilometer lange Autofahrt. Trotzdem schaffe es der Verein, jedes Jahr einige hundert Tiere aus Budva operieren zu lassen.
Spenden für Kotor Kitties
Beim Einsatz zum Wohle der Katzen in Montenegro ist Kotor Kitties auf Spenden angewiesen. Nicht nur für Sterilisationen und Kastrationen, sondern ebenfalls für den Ausbau einer kleinen Garage, wo herrenlose Katzen nach den Eingriffen in der Tierklinik von Kotor weiterbehandelt werden können, falls die Notwendigkeit besteht.
Auf seiner Website ruft der Verein außerdem dazu auf, nach Möglichkeit Katzen aus Montengro zu adoptieren – für Menschen mit Wohnsitz im Land ein leichtes Unterfangen. Willst du deinen vierbeinigen Freund dagegen ins Ausland mitnehmen, ist die Adoption mit Kosten und bürokratischen Hürden verbunden – Katzen-Liebe informiert darüber in einem gesonderten Beitrag. April freut sich aber über drei deutsche Familien, die sich 2022 so sehr in Montenegro Katzen verliebten, dass sie den Stress in Kauf genommen haben, um ihnen ein Zuhause zu schenken. (as)
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