Digitale Nomaden: Kein Lifestyle für Katzen

Katzenhaltung ist schwierig für digitale Nomaden

Es ist ein Dilemma, das sich in den vergangenen zwölf Monaten mehrmals wiederholt hat: Ich reise an Plätze, wo mich ein Empfangskomitee von Katzen erwartet. 2020 habe ich den Lifestyle, den digitale Nomaden pflegen, gewählt. Das bedeutet in meinem Fall, dass ich jeden Monat meine Wohnung wechsele und ständig von Ort zu Ort ziehe. Meist bleibe ich eine Weile im gleichen Land, verlasse aber am Monatsende das Revier der vierbeinigen Freunde, die ich vier Wochen mit Futter versorgt habe. In Skandinavien bin ich vor solchen Dramen gefeit, doch in südeuropäischen Ländern zerreißt mir der Abschied jedes Mal das Herz.



Streuner auf den Kanaren

Die erste Katze, die ich zurückgelassen habe, begegnet mir vor meinem Bungalow auf Fuerteventura. Sie ist grau getigert und in ihrem Katzenclan die Außenseiterin. Deshalb nenne ich sie Grisabella – wie die Hauptfigur im Musical „Cats“. In der Siedlung Costa de Antigua wimmelt es von herrenlosen Katzen, die wie Gangs Bauruinen und Wohnanlagen bevölkern.

Schon bei meiner Ankunft sitzen vier oder fünf Samtpfoten auf der Terrasse und schauen mich erwartungsvoll an. Als ich anfange, sie zu füttern, kommen sie immer wieder und bringen ihre Kumpels mit. Am zutraulichsten verhält sich Grisabella, die sich jeden Tag mit ihren Artgenossen streitet und am liebsten das ganze Futter für sich allein haben möchte.

Ohne über das Drama nachzudenken, das katzenliebende digitale Nomaden unweigerlich erleben, nehme ich mich ihrer an und serviere ihr die eine oder andere Extrawurst. Als ich nach Lanzarote weiterreise, hängt mir der Verlust noch tagelang nach. Bis in den Schlaf plagen mich Schuldgefühle. Im Traum sehe ich Grisabella, die nun vergeblich vor dem Bungalow auf mich wartet.

Straßenkatzen auf dem Balkan

Straßenkatzen in Zadar
Katzenfamilie in Zadar, Foto: Katzen-Liebe

In Montenegro spielen sich vergleichbare Szenen ab: in der Touristenhochburg Budva, in Herceg Novi und in der Katzenstadt Kotor. Überall finden mich Katzen-Clans und ich habe das Gefühl, dass sie mich adoptieren. Kaum sitze ich auf einer Bank, springt eine schmusebedürftige Fellnase auf meinen Schoß. Nur allzu oft pflanzen sie sich zum Gruppenkuscheln auf mich und machen zusammen ein Nickerchen.

Vor allem in Budva begebe ich mich auf lange Futterspaziergänge, denn hier leben an jeder Ecke herrenlose Katzen. In der Altstadt von Kotor gibt es eine Katzenkolonie, wo die Bewohner von Einheimischen versorgt werden. Unterschlupf finden sie in komfortablen Holzhäuschen. Obwohl ich weiß, dass es ihnen vergleichsweise gut geht, fällt mir der Abschied schwer.

Im kroatischen Makarska gelange ich unweigerlich zu den wild lebenden Katzen auf der Halbinsel Sveti Petar. Der Boss ist ein bulliger einäugiger schwarzer Kater, den ich den „Bär“ nenne. Er beobachtet mich unentwegt und ist am Ende meines Aufenthalts eifersüchtig auf alle Katzen, die sich von mir kraulen lassen. Als ich mich von einem anhänglichen grauen Kater verabschieden möchte, schlägt der Bär ihn mit Krawall in die Flucht.

In Zadar lassen die nächsten Katzen nicht lange auf sich warten. Vor meinem Fenster empfängt mich eine dreiköpfige Katzenfamilie: eine schwarze Katzenmama mit ihren zwei pubertierenden Kindern. Das grauweiße Söhnchen knurrt beim Fressen und kabbelt sich in jugendlicher Verspieltheit nur zu gerne mit seiner Schwester. Die drei halten zusammen wie Pech und Schwefel und trennen sich selten. Ab und zu besuchen sie mich in Gesellschaft eines schwarzweißen Katers, der zahmer ist als die Familie und Streicheleinheiten von mir fordert.

Oft kuscheln sich die Katzengäste schon morgens um sechs vor meinem Schlafzimmerfenster zusammen und warten, bis ich es öffne und ihnen Frühstück kredenze. Als ich abreise, habe ich ähnliche Bilder vor Augen wie auf Fuerteventura: die Vergeblichkeit des Wartens vor dem Fenster, das verschlossen bleibt.

Straßenkatzen in Montenegro, aber keine Adoption für digitale Nomaden
Katzen in Igalo, Foto: Katzen-Liebe

Katzen ungeeignet für digitale Nomaden

Natürlich stelle ich mir an jedem Ort vor, Katzen mitzunehmen. Aber wie viele hätte ich dann bereits? Mit Sicherheit wären es längst Dutzende! Und wo sollte ich sie alle unterbringen? Wie transportieren? Nein, digitale Nomaden und Katzen, das sind zwei unterschiedliche Paar Schuhe!

Im Gegensatz zu mir sind Katzen nämlich ortsgebunden und bevorzugen es, in ihrer gewohnten Umgebung zu bleiben. Für sie ist ein Revierwechsel grundsätzlich mit Stress verbunden. Selbst kurze Reisen sind absolut problematisch, wie die Tierärztin Astrid Behr im Gespräch mit Focus erklärt.

Und während ich mich um Straßenkatzen kümmere, fällt mir auf, dass Katzen immer im gleichen Revier bei ihrem Clan verharren. Verwirrt sich mal eine in fremdes Terrain, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie sich eine blutige Nase holt. Ich erinnere mich an einen jungen rotweißen Kater im montenegrinischen Igalo, dem es so ergangen ist.



Nicht zu vergessen der EU-Heimtierausweis: Das heißt, die Vierbeiner müssen für Reisen mit Grenzübertritt gechippt und gegen Tollwut geimpft sein. Für die Einreise in skandinavische Länder wie Finnland ist zusätzlich eine Bandwurm-Prophylaxe notwendig. Somit stünden für digitale Nomaden mit Katzen regelmäßige Tierarztbesuche auf der Tagesordnung. Und kleine Transportboxen sind der pure Horror, wie jeder Katzenfreund weiß. Die Katze schreit kläglich und übergibt sich im schlimmsten Fall während der Fahrt.

Ja, es wäre eine Quälerei, meinen Lifestyle mit einer Katze unter einen Hut zu bringen! Inzwischen bin ich in Schweden und während ich bei einem Waldspaziergang traurig an die zurückgelassenen vierbeinigen Freunde zurückdenke, bemerke ich ein strahlendes Wesen auf einem Baumstamm. Da sitzt tatsächlich eine weiße Katze mit schwarzem Schwanz, die mir im Sonnenlicht wie ein Engel erscheint. (as)

Bloggen kostet Zeit und Geld. Schätzt du meine Arbeit? Wenn ja, freue ich mich sehr über ein Trinkgeld für die Tierschutz-Kasse bei PayPal. Dein Energieausgleich kommt ausgewählten Katzenschutz-Projekten zugute! › Spenden für Katzen-Liebe

Das Katzenvideo wird dir auch gefallen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert